Unterwegs in Ghana – Vol. 5.2
Bolgatanga, Paga und der Volta-See
Der nächste Programm-Punkt wäre dann die Fährfahrt über den Volta-See. Dafür müssen wir noch ein bisschen herumtelefonieren, um zu erfahren, wann und wo die Fähre ablegt. So wie es aussieht müssen wir in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in Yeji sein, die Fähre legt ca. um 4 Uhr morgens ab. Verspätungen bis zu 24 Stunden sollen aber auch keine Seltenheit sein. Um nach Yeji zu kommen müssen wir aber vorher noch ein kurzes Stück mit einer anderen Fähre fahren, nämlich von Makango nach Yeji. Diese Fähre legt jeden Tag um 8.00 Uhr und um 12.00 Uhr ab. Jetzt hat das Wochenende grad erst angefangen und wir müssen die nächsten Tage irgendwie rumkriegen. Der Norden ist nicht sehr dicht besiedelt und auf der Strecke von Tamale nach Yeji gibt es laut Reiseführer nichts interessantes zu sehen. Also machen wir einen Umweg und fahren weiter nach Norden zur Hauptstadt der Upper East Region, Bolgatanga.
Um überhaupt erstmal irgnedwo hin zu kommen, müssen wir zurück nach Tamale. Genau wie auf dem Hinweg gibt es natürlich nur einen Bus pro Tag und der fährt- wer hätte das gedacht- morgens um 5 Uhr. Als ich den nächsten Tag um halb fünf aufwache, ist mein linkes Auge komplett zugeschwollen. Wieso? Kein Ahnung. Also auf Richtung Tamale.
In Tamale müssen wir umsteigen in ein Trotro Richtung Bolgatanga. Im Trotro sitzen nur Frauen in traditionellen Kleidern, das ist ein schönes Bild. Dieser alte schrottreife VW-Bus, der an allen Ecken auseinander fällt und dazu diese stolzen schwarzen Frauen in bunten Kleidern und passenden Kopftüchern. Leider ist die Batterie von meinem Fotoapparat leer.
Bolgatanga liegt im Nord-Osten Ghana`s. Hier sieht alles noch mal ganz anders aus, als bei uns im Süden. Auch jetzt noch, im April, wenn eigentlich die Regenzeit beginnt, ist es hier noch ganz trocken und sehr, sehr heiß. Die Menschen leben hier größtenteils in ländlichen Gebieten, viele in den traditionellen Lehmhütten. Ohne Strom und ohne fließend Wasser. Morgens, in aller Früh sieht man die Kinder noch vor der Schule mit großen Eimern Wasser holen. Wenn es im Dorf keinen Brunnen gibt, müssen sie oft weite Strecken zum nächsten Fluss oder See laufen. Den gefüllten Wassereimer tragen sie dann auf dem Kopf zurück zu ihrem Haus. Autos fahren hier kaum. Wer ein bisschen Geld hat, besitzt ein Motorrad und wer viel zu transportieren hat, lädt es auf einen Karren und lässt diesen von einem Esel ziehen.
Wir machen einen Ausflug in das ca. 30min. entfernte Paga, das nördlichste Dorf an der Grenze zu Burkina Faso. Hier gibt es noch alte, traditionell bemalte Lehmhütten und man kann sehen wie die Menschen früher in großen Familien in sog. Compounds, also Zusammenschlüsse mehrerer Hütten gewohnt haben.
Allerdings sind diese Hütten jetzt alle verlassen und dienen nur noch als Touristenattraktion. Heute leben die Menschen in etwas moderneren Häusern aus Stein und Wellblechdächern.
Den nächsten Tag müssen wir abends schon wieder zurück nach Tamale damit wir von dort aus am folgenden Morgen mit dem ersten Trotro nach Makango fahren können um dort die Fähren nach Yeji zu bekommen.
Natürlich müssen wir dafür wieder um fünf Uhr aufstehen. Ein direktes Trotro nach Makango gibt es dann doch nicht, wir müssen Unterwegs, in Salaga, noch mal umsteigen. Es ist ein großes Trotro, mehr wie ein Linienbus und es dauert ewig bis es mal voll ist und wir losfahren können. Wie gut, dass es eine zweite Fähre um 12 Uhr gibt, die Erste um 8 Uhr werden wir wohl nicht mehr bekommen. Beim Umsteigen dann das gleiche Problem. Es dauert 1,5 Stunden bis das Trotro voll ist und wir losfahren können. Jetzt wird auf einmal auch 12 Uhr ganz schön knapp. Um kurz vor zwölf kommen wir am Hafen in Makango an und sehen die Fähre grad noch wegfahren. Seit wann passiert in Ghana denn etwas pünktlich ?
Wiedermal sind wir ratlos in Ghana. Wir versuche uns zu erkundigen, ob das jetzt wirklich die letzte Fähre war und ob es noch eine andere Möglichkeit gibt, nach Yeji zu kommen. Aber irgnedwie ist es schwierig, weil hier keiner englisch spricht. Wir entdecken eine Art Wartehalle, in der noch viele Leute sitzen, also muss es ja doch noch eine Fähre oder ähnliches geben. Also erstmal warten. Wir machen es wie die Ghanaer: legen uns auf eine der Holzbänke und schlafen erstmal.
Am Nachmittag kommt dann tatsächlich noch ein großes, hölzernes Boot, immerhin mit Motor. Super, alle rein, los geht’s. Die Überfahrt geht schnell, der See ist an dieser Stelle nicht sehr breit. In Yeji angekommen, geht das Rätselraten weiter: Wann kommt jetzt wirklich die Fähre? Wann sollen wir da sein? Woher bekommen wir die Tickets? Jemand, der nicht gern fremde Leute anspricht wäre in Ghana hoffnungslos verloren.
Ein Hafenmitarbeiter sagt, die Fähre kommt morgen Früh um vier, wir sollen aber schon um zwei Uhr da sein, um uns anzustellen. Da kommt Freude auf. Irgendjemand will nicht, dass wir uns in diesem Urlaub erholen.
Es gibt ein einfaches Hotel in der Nähe des Hafens und es ist gar nicht so schlecht, wie es im Reiseführer steht. Wenigstens ein paar Stunden Schlaf.
Also um zwei Uhr aufstehen, Zähneputzen, anziehen, los. Als wir um kurz vor halb drei am Hafen ankommen, geht alles überraschend schnell. Die Fähre ist schon fast komplett beladen und die Passagiere sind schon größtenteils an Bord.
Hauptsächlich ist dieses Transportmittel dafür gedacht, um Yam-Wurzeln, ein bisschen vergleichbar mit unseren Kartoffeln, von Norden nach Süden zu transportieren. Jede Verkäuferin trägt ihre Yams selbst an Bord, auf dem Kopf natürlich. Manche haben Helfer mitgebracht, damit es schneller geht.
Da die Fahrt normalerweise ca. 3 Tage, aber durch Verspätungen oder ähnliches auch unbegrenzt länger dauern kann, gibt es drei verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten: Zwei oder drei Kabinen, die allerdings sehr teuer sind, die Holzbänke im Speisesaal oder unter freiem Himmel an Deck. Letzteres klingt gut. Hoffentlich regnet es nicht.
Die meisten Passagiere, größtelteils Marktfrauen, teilweise auch mit Kindern, haben sich in großen Holzkisten niedergelassen, die Selben, in denen sie auch ihre Yams transportieren. Dies scheint die Übernachtungsmöglichkeit an Deck zu sein. Also suchen wir uns eine freie Kiste, man muss sie sich vorstellen wie überdimensionale Bananenkisten, stellen unser Gepäck hinein und machen es uns so bequem wie möglich. Die Marktfrauen wollen uns davon überzeugen, dass dies nicht der richtige Platz für uns wäre und wir sollten doch lieber eine der Kabinen nehmen. Ausserdem sei es für weiße Mädchen viel zu gefährlich. Grad versuchen wir uns noch zu rechtfertigen, dass wir lieber bei ihnen unter freiem Himmel schlafen wollen, als in einer stickigen Kabine, da kommt Jemand von der Crew vorbei und sagt er hätte einen besseren Platz für uns. Jetzt können wir auch nicht mehr „nein“ sagen. Ausserdem zählt das hier meistens eh nicht. Vor den Kabinen für Crew und Passagiere stehen ein paar Holzbänke, hier schlafen auch schon ein paar Leute. Der Vorteil von diesem Schlafplatz ist, dass er überdacht ist, wir sind also an der frischen Luft, werden aber bei Regen trotzdem nicht nass. Ein guter Deal. Die Bänke sind sogar bequemer als gedacht.
Kurz nach dem Ablegen in den frühen Morgenstunden erwischt uns auch schon ein heftiges Unwetter. Es stürmt unglaublich auf dem See, es Regnet sprichwörtlich Bindfäden , dazu blitzt und donnert es in der Ferne. Durch den Strum gehen einer von Katharinas Flip Flops und meine Schlafsackhülle über Bord. Zum ersten Mal ist es wirklich richtig kalt in Ghana. Ich ziehe noch schnell zwei langärmelige Hemden und einen Schal über und verkrieche mich wieder im Schlafsack.
Bei Sonnenaufgang liegt der See schon wieder ganz ruhig vor uns.
Das Ufer links und recht ist durch die sehr längliche Form des Volta-Sees immer in Sichtweite. Dort sieht man größtenteils Wälder, die, je weiter man Richtung Süden fährt, immer grüner werden. Hier und da tauchen immer mal wieder größere und kleinere Inseln im See auf, die Landschaft ist wirklich wunderschön. Ab und zu steuern wir einen kleinen Hafen an, um noch mehr Yam aufzuladen. Die Fähre steht dort eine Weile, wir können über den örtlichen Markt schlendern und Fufu essen. Auf dem Schiff gibt es auch eine kleine Küche, bei der wir einfaches, aber gutes Essen bekommen können.
Es ist alles sehr erholsam. Endlich. Wir schlafen, lesen, essen oder schauen einfach auf`s Wasser. Dann dürfen wir sogar mal beim Kapitän in der Steuerzentrale sitzen. Das ist auch sehr spannend.
Tatsächlich brauchen wir nicht viel länger als gedacht, nach zwei Tagen und drei Nächten kommen wir morgens in Akosombo an. Von dort aus wollen wir erstmal nach Accra. Hier sind wir mit dem Immigartion Officer aus Wa verabredet um unsere Pässe abzuholen. Dann wollen wir unsere Mitfreiwilligen in Togo besuchen.